Formula16 IDB und 60 SM vor Sylt 2013
Marc Kühn, GER002
Das Highlight in diesem Segelsommer sollte für mich, natürlich neben der F16 WM in Travemünde, eine Woche Katsegeln auf Deutschlands nördlichster Insel Sylt sein. Der Veranstalter, der Sylter Catamaran Club SCC, lud nicht nur zur Sylt Super Sail mit der Internationalen Deutschen Bestenermittlung der Formula16 Klasse, sondern, passend ein Wochenende darauf für alle Katamarane, zur legendären Langstrecke „60 SM vor Sylt“ im Rahmen des Sylter Cat Festivals. Die Tage dazwischen sollten mit einem angenehmen Mix aus Segeln, Strand, Essen und etwas Sightseeing gefüllt werden.
Gesagt getan, mit dem gepackten Doppeltrailer von Johannes, seinem Bimare X16 und meinem Falcon im Huckepack, ging es in er ersten Juniwoche die knapp 1100km von der südlichsten Insel Deutschlands auf zur Nördlichsten. Wir erreichten in einer leicht grenzwertigen Fahrt bzgl. des Tempolimits, ich hatte mit einem Tempo 100 Trailer kalkuliert, dem war aber nicht so, gerade so den letzen Zug zur Überfahrt über den Hindenburgdamm. Dank Sponsoring der Deutschen Bahn für das Event kostete die Überfahrt des Gespanns mit Rückfahrt nur die Hälfte, ein Benzingutschein des SCC für Weitangereiste entspannte die Reisekasse zusätzlich.
Kliffkante
Bei Ankunft in Hörnum, dem südlichsten Zipfel der Insel, war es bereits fast dunkel. Wir hatten uns auf ein Bier am Strand gefreut, ein rauer Wind und gefühlte 10 Grad (wir waren bei fast 30 Grad im Süden gestartet!) ließen uns jedoch auf einen Strandkorb ausweichen, nachdem wir bereits warme und lange Klamotten angezogen hatten. Der nächste Morgen empfing uns mit Sonnenschein. Mittlerweile waren auch Enzi und Katrin mit Ihrem Nacra F16 angekommen, sie hatten auf dem Festland im Auto übernachtet und waren mit dem ersten Zug übergesetzt. Bei der Erkundung der näheren Umgebung war schnell die Location für das Frühstück gefunden, die belegte Kliffkante sollte der Klassiker für die Woche werden 🙂
Als nächstes wurde der uns bis dahin unbekannte Sylter Catamaran Club inspiziert. Direkt am Sandstrand auf der Ostseite des Südzipfels, und somit vor Wellen geschützt liegt das Clubheim. Eine große Terrasse mit bestem Ausblick auf die Geschehnisse auf dem Wasser, Strandkörbe, Süßwasserspritze, Duschen, alles da was das Katamaransegler Herz begehrt.
Eine knapp zwei Meter hohe Betonwand, Teil der Hafenbefestigung schützt den unmittelbar dahinterliegenden Strand vor dem Wind der von Westen her beständig vom Meer her bläst, in der Tat – was für ein Wind – dieser hat während der gesamten Woche nicht aufgehört und selten weniger als 15 Knoten gehabt (ja, ich bin vom Bodensee..).
Die Betonwand galt es dann auch für die Boote mit dem eigens dafür installierten Kran zu überwinden bevor wir sie am Strand aufbauen konnten, eine lustige Aktion die für die mittlerweile 4 wartenden F16 Boote den gesamten Vormittag beanspruchte. Im Windschatten mit heißem Sand kam sofort Strandurlaubsfeeling auf, die Fischbrötchenbude im Hafen von Hörnum nebenan sorgte für die passende Verpflegung bevor es für einen ersten Probeschlag gleich aufs Wasser ging. Das Slippen im Sand mit flachem Wasser und wegen der Abdeckung in Ufernähe noch relativ windgeschützt ist dort ein Traum. Die Sache mit den Sandbänken bei Ebbe in Kombination mit den Schwertern eher weniger… wir wussten nun zumindest gleich wo diese lagen…
Am Abend füllte sich der Club mit Leben und wir wurden herzlich von Holger, seines Zeichens 2. Vorsitzender des SCC und Addi der guten Seele des Club, verantwortlich für die Bar, begrüßt. Die Busse konnten in unmittelbarer Nähe mit Stromanschluss sowie Dusch- und Waschmöglichkeit geparkt werden, wir begannen sofort uns wohl zu fühlen, zumal der Grill bereits eingeheizt war. So konnten wir die bei der Anreise und dem ersten Segeln verbrauchte Energie wieder auftanken, zumal am nächsten Tag ja schon unsere IDB starten würde!
Formula16 IDB
Samstagmorgen: Kliffkante und ein Pott Kaffee, dann geht es direkt ans Boot bzw. zur Steuermannsbesprechung. Für die Sylter ist heute Flautetag, es hat bei schönstem Sonnenschein nur 6-8 Knoten Wind … (wenn die wüssten bei was wir hier im Süden regattieren ) … mit etwas Verzögerung geht es aber raus aufs Wasser. In Sichtfeld des Clubs wird ein Kurs ausgelegt der wegen der Strömung durch auf- und später ablaufendes Wasser seine Tücken hat. Die Locals wissen natürlich wo welcher Priel liegt, bald haben wir das aber auch heraus. Die Strömung bei Start ist eher gewöhnungsbedürftig, ich schaffe es bei drei Wettfahrten vom Strom über die Startlinie getragen zu werden, die anderen Male verschenke ich fast eine halbe Minute, an dieser Einschätzung ist wohl noch zu arbeiten! Wir können bei leichtem bis mäßigem Wind an zwei Tagen aber dennoch sechs Wettfahrten segeln und haben eine ordentliche IDB aus der Johannes Kemler und Nacra17-Vorschoterin Anna Goos als Sieger hervorgehen, nicht zuletzt weil die direkten Konkurrenten Markus Enzensperger und Katrin Brunner im letzten Lauf ihr OCS nicht bemerkten, große Überraschung und lange Gesichter bei der Siegerehrung.. !
Wind, Wind, Wind – und Muscheln
Mit der kleinen Party nach der Siegerehrung, dem obligatorischen Grillen und einem Feuer am Strand brach für uns nun der eigentliche Urlaub an. Ab Montag hatte es dann für die Sylter wieder „normal Wind“, soll heißen so um die 20 Knoten (!) … so sollte es denn auch für den Rest der Woche bleiben. Holger vom SCC hatte sich wohl extra für uns frei genommen und ein Programm aufgestellt: Um das Revier auch mit Hinblick auf die Langstreckenregatta kennenzulernen, wurden in den kommenden Tage immer neue Segelausflüge geplant deren Routen durch das Wattenmeer im Vorfeld per Flipchart ausgiebig besprochen wurden. So segelten wir einmal bis vor Amrum zu den Robbenbänken vor denen wir beigedreht liegend dutzende von Seehunden aus unmittelbarer Nähe beobachten konnten, manche kamen auch bis auf wenige Meter neugierig ans Boot geschwommen. Für die optimale und kürzeste Rundung der Südspitze erkundeten wir ein andermal zunächst per Motorboot, dann vom Land aus und schließlich mit den Kats eine Abkürzung zwischen mehreren Sandbänken in unmittelbarer Nähe der Südspitze hindurch, von der wir uns einen entscheidenden Vorteil bei der Langstreckenregatta erhofften. Für kurze Segelpausen war im Club immer mit Essen und Trinken oder einem Strandkorb gesorgt, dann konnte wieder für den nächsten Schlag gestartet werden, abends Grillen, Strandfeuer, ein Traum.
Natürlich unternahmen wir auch Sightseeingausflüge auf der Insel, mit dem Inselbus abends mal nach Westerland, oder zur legendären Sansibar oder zu den Kitern am nördlichen Ellenbogen, dieser Ausflug bot sich an als wir am Mittwoch wegen Windstärke 7-8 das Segeln pausieren ließen. Als besonderes Highlight organisierte Addi für uns ein Muschelessen mit fangfrischen Muscheln die direkt vom Kutter hinter dem Clubheim kamen, zusammen mit einem guten Weißwein und Schwarzbrot verdrückten wir im Durchschnitt jeder knapp zweieinhalb Kilo Muscheln..
60 SM vor Sylt
Wochenende und stetig zunehmendes Treiben am SCC. Die Teilnehmer der Langstreckenregatta, vorwiegend Hobie16 Segler liefen auf. Die Route der letzten Jahre sollte jedoch wegen der unsicheren Windprognose geändert werden: Wurde bisher immer am Samstag von der südlichen zur nördlichen Spitze entlang der Westküste gesegelt, dort mit Strandparty übernachtet und am nächsten Tag zurückgesegelt, war das Risiko und der Aufwand wegen zu viel Wind am Sonntag alle Trailer in den Norden zu verfrachten diesmal zu hoch. So wurde in der Steuermannsbesprechung eine Wendemarke nördlich von Westerland angekündigt, Start und Ziel am SCC in Hörnum, wobei es bestimmte Bahnmarken des Fahrwassers um die Südspitze an Steuerbord liegenzulassen galt, unsere säuberlich ausgetüftelte Abkürzung somit leider wertlos, zumindest für den Hinweg.
Gestartet wurde mit Lemansstart direkt vom Strand, wobei ein Starterteam im Minutentakt von Boot zu Boot ging, eine wirklich lustige Prozedur bei der die Hobie16 mit Vorsprung gestartet wurden. Bereits nach der ersten Fahrwassertonne stellte sich Verwirrung ein bzgl. der Richtung zur nächsten Bahnmarke, wir segelten unter Spi deutlich zu tief Richtung Amrum und mussten bei ordentlicher Welle unnötig wieder hochkreuzen wobei wir bereits einige Plätze verschenkten. Nach dem Runden der Südspitze gab es dann richtig Wellen bis 2m und auch der Wind schepperte ordentlich. Bei maximal gezogener Cunningham und gezogenen Schwertern ballerten wir beinahe parallel zur Westküste von Sylt mit halbem Wind. Vor einem großen Wellenbrecher mit vorgelagerten Buhne fuhr die Hälfte der F18 und F16 Boote dann in eine Sackgasse was das Feld deutlich entzerrte. Es ging in einem atemberaubenden Ritt am Strand von Westerland vorbei, das GPS zeigte über 20 Knoten Geschwindigkeit! Bis zur Wendemarke konnten wir einige verlorene Meter auf Johannes Kemler mit seinem Bimare und Enzi mit dem Nacra gutmachen, ein Aufschließen war jedoch fragwürdig. Mit Respekt beobachteten wir noch zwei filmreife Kenterungen an der Wendemarke während wir heil herumkamen und uns für einen Schlag aufs Meer hinaus entschieden um für einen Spikurs die notwendige Tiefe zu bekommen ohne gleich auf dem Strand zu landen. Der Spikurs setzte dann noch ein drauf, was für ein Ritt! Die besagte Abkürzung, mittlerweile wegen der Flut entschärft, nahmen wir nun auf dem Weg zurück um die Südspitze bevor wir als 9 von 19 gestarteten Kats wieder beim SCC anlandeten und mit lahmen Armen und völlig geflasht vom Adrenalin das eben Erlebte mit den Kollegen am Strand Revue passieren ließen.
Tag zwei der Langstrecke war dann in der Tat windmäßig noch gesteigert. Das Segeln auf der zum Meer hingewandten Seite wäre sehr grenzwertig gewesen und so waren alle über die diesjährige Routenplanung froh, gesegelt wurde natürlich trotzdem, allerding im etwas geschützten Bereich aus der Ostseite der Insel. Holger setze einen langen Kurs zunächst nach Süden und dann wieder hoch und vorbei am Club nach Norden den es zweimal abzusegegeln galt, so dass der Name der Regatta dann auch Programm war. Eine Handvoll Boote zog es wegen des starken Windes vor an Land zu bleiben, auch uns kostete es etwas Überwindung aber hey, was sollte passieren? Wieder Lemansstart, wieder Halbwindgeballere, an das Ziehen des Spis war aber diesmal nicht zu denken. So hatten die Hobie16 noch weniger als am Vortag einen Nachteil und in Verbindung mit ihrem Texel-Rating waren harte Nüsse zu knacken. Gelungen ist dies letztendlich einem F18 Team, von den F16 schafften es Markus Enszenperger und Katrin Brunner auf das dritte Treppchen, gefolgt vom frisch gebackenen deutschen F16 Meister Johannes Kemler.
„–ich will zurück nach Westerland.:“
Mit diesem Ärzte-Ohrwurm im Ohr bauten wir etwas wehmütig am Montag unsere Boote ab. Die tollen Segelerlebnisse und das abendliche Zusammensein hatte bereits Gewohnheit aufkommen lassen. Eine tolle Segelwoche mit bestem Sonnenwetter und ohne einen einzigen Regentag, dazu immer Wind, nette Leute und gute Verpflegung ging viel zu schnell zu Ende… bis nächstes Jahr!
Marc, GER002
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